Medizinalrat Dr. Michael Leifer war über 40 Jahre praktischer Arzt in St. Wolfgang. Familiengeschichtlich hat er eine besondere Beziehung zu Ferdinand Kitt und der Zinkenbacher Malerkolonie. Maria Kitt, Ferdinand Kitts Ehefrau, war die Schwester seines Großvaters. Sein Vater, Dr. Franz Leifer, begründete schließlich die Ärztedynastie Leifer in St. Wolfgang. Wie hat er als Kind diese Künstlerkreise erlebt? Ein Gespräch mit Dr. Michael Leifer.

Herr Dr. Leifer, wie genau wurde die Ärztefamilie Leifer in St. Wolfgang ansässig?

Mein Vater ist ja in der Steiermark aufgewachsen. In Neuberg an der Mürz bei Mürzzuschlag. Dieses wurde nach dem zweiten Weltkrieg russische Besatzungszone. Und dort wollte mein Vater seine Mutter, seine Frau und seine damals zwei Kinder, meine Schwestern, nicht haben. Deshalb schickte er sie voraus in den Westen Österreichs, ins Salzkammergut, an den Wolfgangsee. Das bot sich auch deshalb an, weil dort seine Tante Maria mit ihrem Mann, dem Maler Ferdinand Kitt, bereits treue Langzeitgäste beim Adambauern waren. Kurz: Seine Familie fand damals ebenfalls beim Adambauern Quartier, mein Vater zog nach und konnte sich schließlich als Gemeindearzt  in St. Wolfgang etablieren. Später fanden sie eine Wohnung in St. Wolfgang – so wurde meine Familie hier ansässig. Vor kurzem habe ich meine Arztpraxis, die ich über 40 Jahre betrieben habe, meiner Tochter Elisabeth übergeben. Magdalena, meine dritte Tochter, unterhält heute unsere adaptierte Salzkammergut-Seevilla als Apartment-Seehaus direkt am Wolfgangsee. Generell hat meine große Familie – fünf Töchter und zwei Söhne – bis heute einen sehr starken Bezug zu St. Wolfgang.

Haben Sie als Kind Ihre Großtante Maria und ihren Mann Ferdinand Kitt noch persönlich erlebt und welches Verhältnis hatten Sie zu Ihnen?

Ich habe Ferdinand Kitt als gestandenen Mann mit selbstbewusstem Auftreten erlebt. Ein bisserl Macho halt – aber immer humorvoll und mit großem Herzen. Generell war das Haus meiner Großtante Maria Kitt immer ein offenes, gastfreundliches und großzügiges. Künstler, zunächst Maler und später immer öfter Musiker, sind dort ein- und ausgegangen. Tante Maridi – das war sie für uns – gab meiner Schwester Monika Klavierstunden. Wir waren immer wieder zu Besuch und für mich war das natürlich etwas ganz Besonderes.

Heute beschäftigen Sie sich verstärkt mit der Zinkenbacher Malerkolonie und Ferdinand Kitt, was fasziniert Sie besonders an seinem Malstil?

Er hat es wunderbar verstanden, Stimmungen einzufangen. Die Farben, die Stilgebung – zwischen konkret und abstrakt. Bilder, die mich berühren. Zu welcher Zeit welche Arbeiten entstanden sind, darüber wüsste ich gerne mehr. Es gibt ja leider kaum Datierungen. Und hier ist es schon spannend, auch ein wenig kunsthistorisch zu forschen und meine guten Verbindungen zu Ferdinand Kitts Umfeld und der Zinkenbacher Malerkolonie nutzen zu können.

Sie sammeln auch mit großer Freude und Begeisterung Werke von Ferdinand Kitt und der Zinkenbacher Malerkolonie. Gibt es für interessierte Gäste die Möglichkeit, Ihre Sammlung zu sehen und sich eventuell mit Ihnen persönlich darüber auszutauschen?

Im Seehaus meiner Tochter Magdalena habe ich in zwei Zimmern eine Dauerausstellung meiner Sammlung eingerichtet. Mittlerweile umfasst diese doch fast 50 Arbeiten von Kitt und anderen Malern der Kolonie. Auch in der Wohnung meiner Schwester im Haus hängen noch etwa zehn Bilder. Außerdem gibt es Einrichtungsgegenstände, die von Ferdinand Kitt bemalt wurden. Und ja – nach Vereinbarung freue ich mich sehr, meine Begeisterung für diese Kunst mit wirklich Interessierten teilen zu dürfen.*

Herzlichen Dank für das Gespräch.

* Da die Sammlung aktuell nicht physisch ausgestellt ist, wurde sie nun auf der Homepage des Seehaus Familie Leifer öffentlich zugänglich gemacht.

Text: Dr. Wolfgang Pfarl, erschienen in "Mein Rössl" - Ausgabe Frühjahr 2020

Zinkenbach am Wolfgangsee war in den Dreißigerjahren nicht gerade das, was man heute einen Hot Spot nennt. Nachdem sich aber dort im Sommer 1930 der bekannte Maler Ferdinand Kitt mit seiner Familie beim Adambauern eingemietet hatte, zogen schon bald erste Freunde nach, nahmen Aufenthalt in diesem oder einem der nächsten Bauernhäuser und waren rasch derart begeistert, dass Ernst Huber seinen Freunden vorschwärmte: „Es ist viel schöner, als ich mir’s erträumt habe. Der österreichische Gardasee!

Statt Torbole Zinkenbach, statt Riva St. Wolfgang. Also hurrah, kommt gleich!“
Und tatsächlich, es kamen immer mehr Künstler. Der sich bildende Kreis wurde schnell als „Zinkenbacher Malerkolonie“ bekannt. Die Namen der Künstler haben bis heute in der Kunstwelt einen hervorragenden Ruf und Klang: Kitt und Huber, Josef Dobrowsky, Liesl Salzer, L.H. Jungnickel, Franz von Zülow, Georg Merkel, Gudrun Baudisch und viele mehr. Aus St. Gilgen kam Josef Hoffmann gerne vorbei, ebenso Alfred Gerstenbrand, Karl H. Waggerl und Sergius Pauser. Das „Neue Wiener Journal“ staunte im August 1932 nicht schlecht über dieses kleine Nest Zinkenbach am Wolfgangsee, hätte es doch neuerdings alle Aussichten, „ein österreichisches Worpswede“ zu werden. Überall wären Maler und Malerinnen hinter Staffeleien zu beobachten. Und wenn die muntere Künstlerschar nicht am Arbeiten sei, dann unternehme sie, geführt von Professor Kitt, stramme Bergtouren, nehme teil am Leben der Bauern und genieße mit ihren kinderreichen Familien den nahen See. Dann und wann leihe sich Ferdinand Kitt eine „Plätten“ aus, also jenes, für den Wolfgangsee typische, langgestreckte Boot, das er stehend, wie ein Gondoliere, zu manövrieren wüsste. In diesem Gefährt, das inzwischen als „das Malschiff“ bekannt war, rudere er seine Freunde die weite Strecke hinüber nach St. Wolfgang, um dort, am sogenannten „Uferplatz“ anzulanden. Einkehren täte man ja gern im „Rössl“, müsse sich aber mit Würsteln und Bier beim „Kellerer“ begnügen, weil die „Zinkenbacher“, obzwar keine Hungerkünstler, doch recht sparsam leben müssten.

So ging es munter dahin, die Künstler kamen auch zu Weihnachten, in der Faschingszeit und zu Ostern nach Zinkenbach. Selbst in der kalten Jahreszeit wurde im Freien emsig gezeichnet und aquarelliert, dazwischen mit Begeisterung Wintersport betrieben und Theater gespielt. Erst als das Jahr 1938 näher rückte, fiel diese fröhliche Kolonie, vorwiegend aus weltanschaulichen Gründen, auseinander und am Ende blieb nur Ferry Kitt mit seiner Familie dem Adambauern treu. Als Bomben seine Wiener Wohnung und sein Atelier ruinierten, zog er kurzerhand für immer nach Zinkenbach. Er konnte ein Seegrundstück in Gschwandt erwerben und darauf ein Haus bauen, welches sein Sohn, Ferdinand Kitt junior, ein Architekt, entwarf. Mit großer Skepsis verfolgte die Adambäurin, wie der Herr Professor Ziegel zu schlichten begann und Meuter anrührte. Sie meinte, er solle das lieber bleiben lassen und stattdessen malen, ihre Buben würden die Zimmerer- und Maurerarbeit besorgen, wofür er sie ja mit Bildern entlohnen könne. So kommt es, dass beim Adambauern und bei anderen Einheimischen nicht wenige Aquarelle des Meisters hängen, die ihre Besitzer noch lange an den Herrn Professor erinnert haben und bis heute hoch in Ehren gehalten werden.

Knapp nach Ende des Zweiten Weltkrieges kam der schon nicht mehr ganz junge Arzt Dr. Franz Leifer, dessen Frau und Kinder bereits zuvor und kriegsbedingt bei den Kitts und beim Adambauern Quartier bezogen hatten, an den Wolfgangsee. Und er kam, um zu bleiben. Sein Sohn, Medizinalrat Dr. Michael Leifer, war dann seinerseits über 40 Jahre praktischer Arzt in St. Wolfgang. Und seit er die Ärzte-Praxis seiner Tochter Dr. Elisabeth Leifer-Lepic übergeben hat, bleibt ihm mehr Zeit für seine große Leidenschaft – für die Beschäftigung mit Werden und Wirken der „Zinkenbacher Malerkolonie“ mit Fokus auf Ferdinand Kitt.

Text: Dr. Wolfgang Pfarl, erschienen in "Mein Rössl" - Ausgabe Frühjahr 2020